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Sonntag, 1. Juli 2012

Wintermädchen

Der Mond erhellt mein Zimmer. Der Ventilator saugt Strom aus der Steckdose und versorgt mich mit kühler Luft. Seufzend schlage ich die Decke zurück. Meine Finger berühren sanft meine Augenlider. Ich versuche diesen Moment zu genießen, zu bewahren. Aber sowas gelingt mir nie.
Schwankend stehe ich auf und gehe zum Schrank. Ich krame in der Schublade rum, bis ich die Glasscherben hörte: ein süßes Flüstern in der Nacht. Ohne weiter darüber nachzudenken ziehe ich meine Hose ein Stück runter. Die scharfe Spitze einer Scherbe bohrt sich in meine Hüfte, zieht ruckartig eine gerade Linie. Noch einmal ansetzen, Linien ziehen. Blut quillt aus den Schnittwunden. Meine Finger wischen es fort, ich lecke die warme Flüssigkeit von mir ab. Salzig, metallisch.
Warum?  Es wundert mich immer wieder, wie selbstlos ich das mache. Weder soll es Schmerz vertreiben noch ersetzen. Ich fühle nichts dabei.
Warum?  Zum Spaß. Mein Körper ist meine Leinwand.


"Früher war mein ganzer Körper meine Leinwand - brennende Schnitte, die wie Flammen an meinen Rippen leckten, Leitersprossen, die meine Arme emporkletterten, dicke Stängel von Unkraut, die um meine Schenkel wucherten.  
Eine Tochter, die vergisst wie man isst, war zwar schlimm, aber das war eben eine Phase. Aber eine Tochter die ihre Hauthülle öffnet, die ihren Panzer abwirft, damit sie tanzen kann? Das fand er schlicht und ergreifend krank." - Wintermädchen

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