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Samstag, 23. Juni 2012

Mein Bruder ruft mich, ich soll rauskommen. Also gehe ich runter, öffne die Tür und trete hinaus. Ich sehe meine Oma auf einen unserer Gartenstühle sitzen, und erwarte für einen Moment meinen Opa neben ihr zu sehen. Beim näherkommen muss ich allerdings feststellen, dass dort nur meine Oma sitzt, ich dreh mich um und sehe, dass meine Tante mitgekommen ist. Mein Opa ist letztes Jahr gestorben, wie sollte er hier sitzen? Es ist das erste Mal seit dem Tod meines Opas, dass meine Oma uns besuchen kommt. Sie wirkt nicht unglücklich, sie sitzt dort wie immer und lächelt.
Meine Tante begrüßt mich indem sie mir die Hand reicht, unpersönlich. Ich lächele. Sie hält mir eine Tüte hin und sagt, dass sie mir ein Ballkleid schenken könnte, wenn es mir denn passt. Ich nehme die Tüte entgegen und schaue rein. Rot und weiß. Ich sage danke, und sage ich werde es mal eben anprobieren.
In meinem Zimmer stehe ich vorm Spiegel, das weiche Rote Kleid fließt an mir herab, ist aber gleichzeitig leicht und irgendwie bauschig. Es ist seltsam rot, glänzt aber schwarzrot im Licht. Eine halbe Ewigkeit betrachte ich mich im Spiegel. Es ist schön, ein wunderschönes Ballkleid, das mir auch noch passt. Schade eigentlich. Ich seufze und ziehe es wieder aus. Ich lege es zusammen und bereue es ein klein wenig, dass ich nicht zum Abschlussball gehen werde.
Ich gehe wieder in den Garten und sage, dass es passt. "Gefällt es dir auch?", will meine Tante wissen. Ich nicke. "Aber.. ich habe mich ja schon entschieden nicht zum Abschlussball zu gehen. Zur Party ja, Ball nicht."  Während ich erkläre, schaue ich auf den Boden. Ich fühle mich mies, weil meine Tante mir ein Kleid mitgebracht hat, dass wunderschön ist, aber ich nicht tragen werde, nicht tragen kann. Wie erwartet schauen mich alle seltsam an, auch mein Erziehungsberechtigter, obwohl er das ja schon wusste. Als würde er von mir erwarten, zum Ball zu gehen, nur des Kleides wegen, der Höflichkeit wegen. Aber ich bin es leid das zu tun, was andere von mir erwarten.
Ich weiß nicht mehr was ich tun soll, ohne bei allem, was ich entscheide, Schuldgefühle zu haben.

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